Gibt es im Mai 2023 einen neuen Bahn-Streik der EVG? Und wie sieht es mit einem Nahverkehr-Warnstreik durch Verdi aus? Hier gibt es die Infos.
In den letzten Wochen und Monaten haben sowohl die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi als auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mehrfach durch Streiks für Stillstand im deutschen Verkehrssektor gesorgt - immer mit dem Hintergrund ihren Forderungen bei den Tarifverhandlungen mit der jeweiligen Arbeitgeberseite Nachdruck zu verleihen.
Die EVG steckt noch immer in Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn und rund 50 weiteren Bahnunternehmen. Und auch nach dem Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst kommt es noch zu Nahverkehr-Streiks durch Verdi. Ob weitere Streiks anstehen und wie die Verhandlungen laufen, lesen Sie hier.
EVG: Bahn-Streik im Mai 2023?
Die dritte Gesprächsrunde im Tarifstreit zwischen EVG und der Deutschen Bahn ist erneut ohne Ergebnis beendet worden, das haben sowohl der Bahn-Konzern als auch die Gewerkschaft mitgeteilt. Laut DB-Personalvorstand Martin Seiler, habe die Bahn mit 10 Prozent Lohnerhöhung "das höchste Angebot ihrer Geschichte gemacht". Die EVG hat es trotzdem abgelehnt. Stellt sich also die Frage nach weiteren Streiks.
Am Donnerstag, 11. Mai 2023, hatte die EVG tatsächlich einen 50 Stunden langen Bahn-Streik angekündigt. Die Gewerkschaft wollte mit einem Warnstreik von Sonntagabend, 14. Mai, ab 22 Uhr bis Dienstagnacht, 16. Mai, um 24 Uhr den Bahnverkehr weitgehend lahmlegen.
Einen Tag vorher wurde der Bahn-Streik im Mai 2023 aber noch abgewendet - durch einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht. EVG und Bahn versuchen nun, zu einem Ergebnis zu kommen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es im Mai 2023 nicht doch noch zu einem Bahn-Streik kommen kann.
Verdi: Kommt es im Mai 2023 zu weiteren Streiks?
Verdi verhandelt seit Mitte April 2023 mit rund 40 Betrieben des ÖPNV, für die die EVG nicht zuständig ist, über einen neuen Eisenbahn-Tarifvertrag (ETV). Der alte war Ende März ausgelaufen. Die Gewerkschaft hat die betroffenen Betriebe schon mehrmals zum Warnstreik aufgerufen.
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Verdi fordert für den ETV bei einer Laufzeit von 12 Monaten 550 Euro mehr Gehalt pro Monat sowie 250 Euro mehr für Auszubildende. Das bisherige Angebot des Arbeitgeberverbands Deutscher Eisenbahnen (AGVDE) ist laut Verdi bisher "weit hinter den Forderungen" zurückgeblieben.
Außerdem verhandelt Verdi aktuell den Tarifvertrag Nahverkehr Bayern (TV-N). Um den eigenen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat die Gewerkschaft zu einem ÖPNV-Streik in Bayern am 19. Mai 2023 aufgerufen.
EVG-Tarifverhandlungen: Forderungen, Angebot der Bahn und Streikdrohungen
Die EVG verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte mit der Deutschen Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahnunternehmen. Davon arbeiten bei der DB 180.000 Beschäftigte. Die erste Verhandlungsrunde hat die EVG am 23. März 2023 beendet. Die zweite Runde ist nach Angaben der Gewerkschaft am 29. März 2023 gestartet. Die Gespräche mit der Deutschen Bahn waren für 24. und 25. April 2023 geplant - und sind erneut gescheitert. Die nächste Verhandlungsrunde ist für Ende Mai geplant.
Die EVG fordert zwölf Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten, aber mindestens 650 Euro mehr Gehalt pro Monat. Die Deutsche Bahn hatte die Forderungen zuvor als unrealistisch kritisiert. In einer Pressemitteilung von 26. April 2023 hat der Konzern sein aktuelles Angebot angegeben. Demnach habe die Bahn ihr Angebot mehr als verdoppelt. Konkret:
- 10 Prozent lineare Lohnerhöhung für untere und mittlere Einkommen in zwei Schritten: 5 Prozent mehr ab März 2024 und weitere 5 Prozent mehr ab August 2024
- 8 Prozent lineare Lohnerhöhung für obere Einkommen in zwei Schritten: 4 Prozent mehr ab März 2024 und weitere 4 Prozent mehr ab August 2024
- 2.850 Euro Inflationsausgleich zusätzlich für alle: 1.250 Euro im Juni 2023, dann monatlich 200 Euro von Juli 2023 bis Februar 2024
- Einführung bahnspezifischer Mindestlohn von 13 Euro sowie Angleichung regionaler Lohnunterschiede
- 27 Monate Laufzeit: März 2023 bis Juni 2025
Zuvor hatte die Deutsche Bahn vorgeschlagen, sich an der Schlichtungsempfehlung für den öffentlichen Dienst zu orientieren. Laut dem ZDF sei die Bahn bereit, eine Lösung mit der EVG zu vereinbaren, die bahnspezifisch ist und sich am Volumen des öffentlichen Dienstes orientiert. DB-Personalvorstand Martin Seiler hatte gesagt, dass es nun absolute Priorität habe, "auch bei der Deutschen Bahn zügig zu einer Lösung zu kommen, im Sinne unserer Mitarbeiter und unserer Fahrgäste".
Diesen Vorstoß hat die EVG umgehend abgelehnt. "Wir haben der DB AG schon mehrfach erklärt, dass wir nicht für den Öffentlichen Dienst verhandeln, sondern in erster Linie für die Beschäftigten bei Bus und Bahn", betonte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch einer Mitteilung der Gewerkschaft zufolge. "Insofern ist die jetzt vorliegende Schlichtungsempfehlung für uns völlig irrelevant und keine Grundlage für unsere Verhandlungen."
Laut EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay seien die Arbeitgeber "gut beraten, auf die Forderungen der EVG einzugehen" - zu denen Ingenschay zufolge ausdrücklich kein Inflationsausgleich gehört. Nur so könne eine weitere Eskalation vermieden werden. "Die Wut der Beschäftigten ist angesichts der anhaltenden Verweigerungshaltung der Gegenseite groß. Ein weiterer bundesweiter Streik ist insofern jederzeit möglich", so der Vorstand.
Auch nach den nun wieder gescheiterten Gesprächen hat die EVG erneut mit Streiks gedroht. Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war laut der Deutschen Presseagentur (dpa) zuletzt der gesetzliche Mindeslohn. Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern. Etwaige Verhandlungsergebnisse würden dann auf diese zwölf Euro angerechnet. Einen Vorschlag der Bahn, mit dem der Mindestlohn rückwirkend zum März dieses Jahres in die Tabellen aufgenommen werden sollte, wies die Gewerkschaft allerdings zurück.
Verdi-Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst: Einigung erst nach Schlichterspruch - kurzer Überblick
Bei den Tarifverhandlungen zwischen Verdi und den Arbeitgebern von Bund und Kommunen konnte zuletzt eine Einigung erzielt werden. Dazu war nach einem ersten Scheitern der Gespräche allerdings ein Schlichterspruch nötig. Laut Verdi startet nun eine Mitgliederbefragung zum Tarifergebnis und am 15. Mai 2023 entscheidet die Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst final. Wie sind die Verhandlungen aber abgelaufen?
- Die letzte Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst war auf drei Tage angesetzt gewesen, von 27. bis 29. März 2023.
- Die Gewerkschaft hatte 10,5 Prozent mehr Lohn und mindestens 500 Euro mehr Gehalt pro Monat gefordert. Der neue Tarifvertrag sollte laut Verdi eine Laufzeit von zwölf Monaten haben.
- Wie Verdi am Donnerstag, 30. März 2023, mitteilte, war die Tarifrunde für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen "nach langwierigen und zähen Verhandlungen gescheitert". Verdi-Vorsitzender Frank Werneke sagte, die „Vorschläge der öffentlichen Arbeitgeber hätten nicht sichergestellt, dass die Kaufkraft insbesondere für die unteren und mittleren Einkommensgruppen erhalten bleibt. Die Bundestarifkommission von ver.di hat deshalb das Scheitern der Verhandlungen erklärt“. Laut Verdi habe sich der Interessenkonflikt nicht auflösen lassen. Aus diesem Grund habe die Gewerkschaft Forderungen nach einer weiteren Verhandlungsrunde eine Absage erteilt. "Es gibt nichts, was wir nicht in den zurückliegenden drei Tagen hätten besprechen können", sagte Werneke.
- Anschließend wurde die Schlichtungskommission einberufen. Weil während der Schlichtung eine Friedenspflicht besteht konnte zunächst nicht gestreikt werden.
- Die Schlichtungskommission hat am 15. April 2023 ihren Schiedsspruch für den öffentlichen Dienst vorgelegt.
- Über den Schlichterspruch haben Gewerkschaften und Arbeitgeber anschließend einzeln beraten und sind am 22. April 2023 in Potsdam erneut zu Verhandlungen zusammengekommen. Beide Seiten haben noch in der Nacht ihre Einigung bekanntgegeben.
Das ist das Ergebnis der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst einer Verdi-Pressemitteilung zufolge:
- Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erhalten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 3.000 Euro.
- Die Auszahlung beginnt mit einem Betrag von 1.240 Euro netto im Juni 2023. In den Monaten Juli 2023 bis einschließlich Februar 2024 sind monatliche Zahlungen in Höhe von je 220 Euro netto vorgesehen.
- Die Einkommen der Beschäftigten steigen ab 1. März 2024 tabellenwirksam um einen Sockelbetrag von 200 Euro plus 5,5 Prozent.
- Studierende, Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten erhalten im Juni 2023 ein Inflationsausgleichsgeld von 620 Euro sowie in der Zeit von Juli 2023 bis einschließlich Februar 2024 monatlich 110 Euro netto.
- Die Ausbildungsentgelte werden ab März 2024 um 150 Euro erhöht.
- Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 24 Monate bis zum 31. Dezember 2024.
In diesem Artikel informieren wir Sie laufend über die neuen Entwicklungen